Bauherreneigenschaft – kleiner und großer Bauherr

Bauherreneigenschaft – kleiner und großer Bauherr

Die Qualifikation als Bauherr ist wesentlich für die Einstufung eines Sachverhaltes, ob ein ANSCHAFFUNGSVORGANG oder ein HERSTELLUNGSVORGANG vorliegt. Die Qualifizierung als Bauherr im Zusammenhang mit einem Herstellungsvorgang bedeutet, dass die Herstellungskosten bei Vorliegen der Voraussetzungen entweder begünstigt oder möglicherweise sofort abgesetzt werden können.

Ein Bauherr ist, wer auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baut oder bauen lässt und das Baugeschehen beherrscht und das umfassende Bauherrenwagnis trägt. Die Ermittlung der Bauherreneigenschaft ist essentiell, ob ein Gebäude angeschafft oder hergestellt wurde. Ist ein Investor beim Ankauf eines Hausanteils (Miteigentumsanteiles) nicht als Bauherr anzusehen, stehen ihm keine steuerlichen Begünstigungen zu und alle Aufwendungen sind als Teil der Anschaffungskosten zu sehen.

Im Bereich der Einkommensteuer gibt es zwei unterschiedliche Bauherrenbegriffe

• der große Bauherr (strengere Definition)
• der kleine Bauherr (mildere Definition)

Danach ist ein großer Bauherr, wer

a) auf die bauliche Gestaltung (Planung und Bauausführung) maßgeblichen Einfluss nehmen kann,

b) das Baurisiko zu tragen hat, das heißt, den bauausführenden Unternehmungen gegenüber unmittelbar berechtigt und verpflichtet ist und

c) das finanzielle Risiko tragen muss und nicht bloß einen Fixpreis zu zahlen hat, sondern alle Kostensteigerungen übernehmen muss und berechtigt ist, von den Bauausführenden Rechnungslegung zu verlangen.

d) Im Falle einer Miteigentümerschaft ist die Bauherreneigenschaft nur dann gegeben, wenn sämtliche Miteigentümer gemeinsam tätig werden und das Risiko tragen.

Zu dieser letzten Voraussetzung Miteigentümerschaften betreffend vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Meinung, dass eine Bauherrschaft solange nicht vorliege, als den Beteiligten kein Miteigentum an der bebauten Liegenschaft eingeräumt wurde, weil diese solange auch nicht als Bauherren handeln könnten. Es könne nämlich nur die Gesamtheit aller Miteigentümer rechtlich über das ihnen gemeinsame Grundstück verfügen, die Bauherreneigenschaft sei also nur dann gegeben, wenn sämtliche Miteigentümer tätig würden und das Risiko trügen. Ein zeitlich enger Zeitraum zwischen Eintragung der Miteigentümergemeinschaft und dem Beginn der tatsächlichen Bauausführungen wird als Indiz für das Vorliegen einer Anschaffung gesehen, da die Miteigentümer keine wesentliche Einflussnahme als Bauherr ausüben konnten.

Die Kriterien des großen Bauherrn werden sowohl von Judikatur als auch von der Verwaltungspraxis äußerst restriktiv gehandhabt. Die Anerkennung der großen Bauherreneigenschaft bei einer größeren Zahl von Miteigentümern (mehr als 5) wird durch die Finanzbehörde sehr kritisch gesehen bzw. sogar ausgeschlossen. Die geforderten Bauherrenkriterien treten in den Hintergrund und die Bauherrenschaft wird nicht anerkannt.

Beim Bauherrenmodell anfallende Aufwendungen können überblicksmäßig in vier Kategorien unterteilt werden:

a) Anschaffungskosten
b) Baukosten
c) Nebenkosten des Grundstückerwerbes
d) sonstige Nebenkosten

ad a)
Anschaffungskosten stellen der Kaufpreis für Grund und Boden und das darauf befindliche „Alt“Gebäude dar. Die Anschaffungskosten können bei allen Anlegern gleich ob großer oder kleiner Bauherr oder Erwerber über die Normalabschreibung geltend gemacht werden.

ad b)
Bei den Baukosten kann es sich um Instandsetzungsaufwand oder Herstellungsaufwand handeln. Instandsetzungsaufwendungen erhöhen den Nutzwert des Gebäudes wesentlich. Herstellungsaufwendungen sind grundsätzlich auf die Nutzungsdauer des Gebäudes abzuschreiben. Bestimmte Arten von Herstellungsaufwendungen (§ 28 Abs 2 EStG) können über einen Zeitraum von 15 Jahren abgeschrieben werden. Dem Erwerber der Liegenschaft steht diese Möglichkeit nicht zu.

ad c)
Nebenkosten des Grundstückerwerbes sind zwar unmittelbar mit der Übertragung des Grundstückes verbunden zählen aber nicht zu den Instandsetzungs- bzw. Herstellungskosten. Darunter fallen zum Beispiel Kosten für die Ausarbeitung Grundkonzeption, Steuerberatung, Treuhänder, udgl.. Für die Absetzbarkeit (sofort abzugsfähige Werbungskosten, Verteilung über 15 Jahre oder im Rahmen der Normalabschreibung) ist die Einstufung großer oder kleiner Bauherr bzw. Erwerber essentiell. Eine Prüfung hinsichtlich der Angemessenheit ist vorzunehmen. Die Nebenkosten des Grundstückserwerbes sind ins Verhältnis der Kosten (Anschaffungskosten und Baukosten) zu setzen.

ad d)
Die sonstigen Nebenkosten umfassen insbesondere die Zinsen für Darlehen, steuerliche Beratung nach Fertigstellung des Projektes und auch Kosten für Mietgarantien. Diese Kosten sind nicht von der Frage abhängig, ob ein kleines oder großes Bauherrenmodell oder ein Erwerbsvorgang vorliegt. Entscheidend hier ist, ob es sich um aktivierungspflichtige Aufwendungen oder um sofort absetzbare Werbungskosten handelt.