Neuerungen im Bereich der Umsatzsteuer für ausländische Unternehmer

Neuerungen im Bereich der Umsatzsteuer für ausländische Unternehmer

Mit 1. 1. 2022 ist für ausländische Unternehmer bei umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen aus Vermietung und Verpachtung von inländischen Liegenschaften folgendes zu beachten.

Ein Urteil aus dem Jahr 2021 des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat umsatzsteuerrechtliche Auswirkungen, sofern eine im Inland gelegene Liegenschaft von einem ausländischen Unternehmer (Gesellschaft oder Privatperson) gehalten wird.

Dem EuGH Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Titanium Limited (Titanium) mit Sitz in Jersey vermietete eine in Österreich gelegene Liegenschaft an einen österreichischen Unternehmer. Die Vermietung erfolgte unter Anwendung der Option zur Umsatzsteuerpflicht für Vermietungsumsätze. Die Verwaltung der Liegenschaft erfolgte durch eine von Titanium beauftragte Hausverwaltung, welche die typischerweise anfallenden Aufgaben (Vermittlung von Dienstleister/Lieferanten, Abrechnung der Mieten und Betriebskosten, Dokumentation der Geschäftsaufzeichnungen, Vorbereitung der Umsatzsteuererklärungen etc.) übernommen hat. Diese Leistungen hat das Hausverwaltungsunternehmen nicht in der Immobilie von Titanium, sondern in anderen Räumlichkeiten erbracht.

Die Entscheidung des EuGH, welche nachstehend ausgeführt wird, ist deshalb so bedeutsam, da die daraus resultierenden Konsequenzen im Widerspruch zur bisherigen österreichischen Finanzverwaltungspraxis stehen. Die Entscheidung des EuGH, die österreichischen gesetzlichen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes sowie die Ausführungen der Umsatzsteuerrichtlinie (UStR) sind in den nachstehenden Absätzen erläutert.

Umsatzsteuergesetz

1. Unechte Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs 1 Z 16 UStG und deren Ausnahmen

Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken sind grundsätzlich gemäß § 6 UStG umsatzsteuerfrei – genauer gesagt liegt eine unechte Umsatzsteuerbefreiung vor. Darunter fallen gewerbliche Vermietungen wie z.B. die Vermietung von Büro- bzw. Geschäftsräumlichkeiten, Ordinationen, Fabrikations- und Lagerräumlichkeiten, Schulen und Kindergärten.

Von dieser Befreiung gibt es jedoch zwingende Ausnahmen wie z.B. Vermietung für Wohnzwecke, Beherbergungen in Hotels und Vermietungen für Campingzwecke, Vermietung von Parkplätzen und Garagen sowie die bis zu 14 Tage andauernde Vermietung.

2. Option zur Steuerpflicht bei Vermietung und Verpachtung gemäß § 6 Abs 2 UStG

Der Vermieter hat aber die Möglichkeit die umsatzsteuerfreien Vermietungsumsätze gemäß § 6 Abs 2 UStG umsatzsteuerpflichtig, unter der grundsätzlichen Anwendung des Normalsteuersatz von 20%, zu behandeln.

Die Option gemäß § 6 Abs 2 UStG ist seit dem 1.9.2012 nur mehr möglich, soweit der Mieter/Pächter das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstückes nahezu ausschließlich (5 % Bagatellgrenze) für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (UStR Rz 899b).

Die Option zur Umsatzsteuerpflicht steht sowohl inländischen Vermietern als auch ausländischen Vermietern zu.

3. Sonstige Leistungen iSd § 19 Abs 1 UStG

Unter die Bestimmungen des Reverse Charge Systems (§ 19 Abs 1 UStG) fallen grundsätzlich auch die Umsätze aus der Vermietung von inländischen Grundstücken als sonstige Leistung. Zum Übergang der Steuerschuld kommt es, wenn der leistende Unternehmer im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat und der Leistungsempfänger ein Unternehmer im Sinne des § 3a Abs 5 Z 1 und 2 ist.

UStR

Die österreichische Finanzverwaltung (siehe RZ 2601b UStR – vor Wartung) hatte jedoch bisher aus Vereinfachungsgründen ausländische Unternehmen hinsichtlich der Vermietungsumsätze nicht als ausländische Unternehmer betrachtet. Der Übergang der Steuerschuld wurde somit für die Umsätze aus der Vermietung nicht angewendet.

Der Leistungsempfänger (Mieter) schuldete somit bisher nicht die Umsatzsteuer für diese Umsätze im Rahmen des Reverse Charge Systems. Der Vermieter erklärte entsprechend der UStR sowohl seine Umsätze als auch die geltend zu machenden Vorsteuerbeträge im Rahmen der Veranlagung (UVA-Voranmeldung).

EuGH Urteil Titanium – (siehe EuGH 3. 6. 2021, Titanium Ltd, C-931/19)

Der EuGH kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass das Reverse Charge System anwendbar ist, weil eine vermietete Liegenschaft keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte darstellt, wenn keinerlei personelle Ausstattung vorhanden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist für das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Betriebsstätte ein hinreichender Grad an Beständigkeit sowie Struktur notwendig, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der jeweiligen Dienstleistung ermöglicht.

Die UStR wurden dahingehend gewartet und in Rz 2601b UStR wird nun ausgeführt.

„Ab 1.1.2022 gelten Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen und steuerpflichtig vermieten, nur dann als inländische Unternehmer, wenn sie im Inland bzw. bei der Immobilie über eigenes Personal für die Leistungserbringung im Zusammenhang mit der Vermietung verfügen, das zu autonomem Handeln befähigt.“

Zukünftig ist anhand der Kriterien des EuGH zu prüfen, ob eine vermietete Liegenschaft eines ausländischen Unternehmers eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte im Inland begründet oder nicht. Ergibt die Prüfung, dass keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte vorliegt, ist das Reverse Charge System anzuwenden.

Die Mietvorschreibungen (gewerbliche Vermietung) des ausländischen Unternehmers ohne Betriebsstätte an Unternehmer sind ab Jänner 2022 an die Neuregelung (Reverse Charge System) anzupassen.

  • Die Option zur Umsatzsteuerpflicht gemäß § 6 Abs 2 UStG sollte auf der Rechnung zum Ausdruck gebracht werden (RZ 2602 USt-RL).
  • Die Rechnungslegung muss ohne Umsatzsteuer erfolgen, da ansonsten Steuerschuld kraft Rechnungslegung.
  • Ein Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger (Mieter) ist anzubringen.
  • Für den ausländischen Vermieter ist die Umsatzsteueridenfikationsnummer (UID-Nr) des Sitzstaates und nicht mehr die österreichische UID-Nr anzugeben.

Der ausländische Unternehmer ohne Betriebsstätte hat daher ab dem 1.1.2022 wie folgt vorzugehen:

  • Umsätze gewerbliche Vermietung

x) Umsatzsteuer – Übergang der Steuerschuld

x) Vorsteuern – Erstattungsverfahren

  • Umsätze Vermietung für Wohnzwecke

x) Umsatzsteuer und Vorsteuern – Veranlagungsverfahren

  • Umsätze gewerbliche Vermietung und Umsätze Vermietung für Wohnzwecke

x) Gewerbliche Vermietung: Umsatzsteuer – Übergang der Steuerschuld

x) Vermietung für Wohnzwecke – Veranlagungsverfahren

x) Gesamte Vorsteuer im Veranlagungsverfahren