§ 24 Abs 6 EStG – Gebäudebegünstigung bei Betriebsaufgabe
§ 24 EStG regelt die Besteuerung von Gewinnen, die im Zuge einer Betriebsveräußerung bzw. einer Betriebsaufgabe entstehen. Im aktuellen Immobiliensteuerrechtartikel wird auf die Begünstigungen bei einer Betriebsaufgabe vertiefend eingegangen.
1. Betriebsaufgabe
§ 24 EStG regelt die Besteuerung von Gewinnen, die im Zuge einer Betriebsveräußerung bzw. einer Betriebsaufgabe entstehen. Betriebsveräußerung liegt dann vor, wenn der Unternehmer seinen Geschäftsbetrieb (mit seiner wesentlichen Geschäftsgrundlage) auf einen Erwerber entgeltlich überträgt – der Betrieb bleibt also bestehen. Bei der Betriebsaufgabe hingegen geht der Betrieb unter – es kommt zu keiner Übertragung des Betriebes auf einen Erwerber.
Da in weiterer Folge nur die Betriebsaufgabe des gesamten Betriebes begünstigt ist, wird auf diese infolge vertiefend eingegangen.
Eine Betriebsaufgabe im Sinn des § 24 Abs 6 EStG liegt dann vor, wenn im Zuge eines einheitlichen Vorganges alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in das Privatvermögen übernommen werden. Dies hat im Rahmen der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit zu erfolgen (vgl. EStR Rz 5631 ff).
Regelungsinhalt des § 24 Abs 6 EStG ist die steuerlich begünstigte Erfassung stiller Reserven im Zusammenhang mit Gebäuden im Zuge der Aufgabe eines Betriebes und der Überführung dieses Gebäudes in das Privatvermögen. Unter stiller Reserve versteht man den Unterschiedsbetrag zwischen dem in der Bilanz ausgewiesenen Buchwert eines Wirtschaftsgutes und dem gemeinen Wert. Das Gebäude, welches sich im Betriebsvermögen befindet, muss dem Steuerpflichtigen bereits vor der Betriebsaufgabe als Hauptwohnsitz gedient haben. Von Bedeutung ist, dass Abs 6 nur dann zur Anwendung kommt, wenn es zur Aufgabe des gesamten Betriebes kommt, da in einem solchen Fall die oftmals hohen stillen Reserven ohne Aufgabe des Wohnsitzes nicht realisiert werden können. Liegt also eine Betriebsveräußerung vor, oder werden nur einzelne Teile des Betriebes aufgegeben, so ist die Begünstigung des § 24 Abs 6 EStG nicht anwendbar. Auch die unentgeltliche Übertragung des Betriebes stellt keine Betriebsaufgabe dar, weshalb die Anwendbarkeit der Gebäudebegünstigung auch in diesem Fall nicht gegeben ist.
2. Personenbezogene und gebäudebezogene Voraussetzungen des § 24 Abs 6 EStG
Personenbezogene Voraussetzungen
Die Begünstigung des § 24 Abs 6 EStG kommt nur in bestimmten, im Gesetz aufgezählten Fällen der Betriebsaufgabe zur Anwendung. Als personenbezogene Voraussetzungen zählt das Gesetz auf, dass der Steuerpflichtige entweder
gestorben ist,
erwerbsunfähig geworden ist oder
das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine gesamte Erwerbstätigkeit gem. § 2 Abs 3 Z 1–4 EStG
einstellt.
Gebäudebezogene Voraussetzungen
Gebäude oder Gebäudeteil
Unter „Gebäude“ im Sinn des § 24 Abs 6 EStG ist eine bautechnische Einheit zu verstehen. Befinden sich in einem Gebäude jene Räume, die als Hauptwohnsitz verwendet werden, ist nur dieses und nicht auch ein weiteres Gebäude von der Begünstigung erfasst.
Gem. § 6 Z 4 EStG sind Entnahmen mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme anzusetzen. Grund und Boden ist mit dem Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme anzusetzen. Daher sind nur die stillen Reserven des Gebäudes von der Befreiung gem. § 24 Abs 6 EStG erfasst.
Die Gebäudebegünstigung des § 24 Abs 6 EStG ist anzuwenden auf:
Alleineigentum
Miteigentum
Gebäude im gemeinschaftlichen Eigentum von Mitunternehmern
Eigentumswohnungen (vgl. EStR Rz 5700)
Die Begünstigung des § 24 Abs 6 EStG kommt nur dann zur Anwendung, wenn das Gebäude, das im Eigentum des Steuerpflichtigen steht, Betriebsvermögen darstellt und im Privatvermögen als Hauptwohnsitz dient.
Folgendes Beispiel soll das verdeutlichen: Das Geschäftslokal im Erdgeschoss befindet sich im Alleineigentum des Steuerpflichtigen. Im selben Haus hat er im Obergeschoss seine Wohnung. Sowohl für das Geschäftslokal als auch für die Wohnung ist Wohnungseigentum begründet. Die Gebäudebegünstigung kommt bezüglich Geschäftslokal nicht zur Anwendung, da es sich bei den beiden Wohnungseinheiten um getrennte Eigentumseinheiten handelt, die separat zu beurteilen sind.
Hauptwohnsitz
Das Gebäude, auf welches die stillen Reserven entfallen, muss dem Steuerpflichtigen bis zur Aufgabe des Betriebes als Hauptwohnsitz gedient haben. Liegen bei einem Steuerpflichtigen mehrere Wohnsitze (iSd § 26 Abs 1 BAO) vor, so kommt die Begünstigung im Zusammenhang mit jenem Wohnsitz zur Anwendung, der den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen begründet – das ist der Wohnsitz, an dem der Steuerpflichtige regelmäßig und laufend seine Wohnbedürfnisse befriedigt. Wie lange vor Betriebsaufgabe das Gebäude dem Steuerpflichtigen bereits als Hauptwohnsitz gedient haben muss, ist gesetzlich nicht geregelt. In den Einkommensteuerrichtlinien (EStR Rz 5709) wird diesbezüglich ausgeführt, dass das Gebäude in den beiden vor der Betriebsaufgabe liegenden 2 Kalenderjahren dem Steuerpflichtigen durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben muss (ab der Veranlagung 2005). Da die Übertragung des Gebäudes ins Privatvermögen durch die Betriebsaufgabe veranlasst sein muss, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Aufgabe und der Übertragung des Gebäudes notwendig.
Zu beachten ist, dass die Begünstigung nicht zur Anwendung kommt, wenn auf das Gebäude stille Reserven gem. § 12 EStG übertragen wurden.
3. Verfügungsbeschränkung, Nachversteuerung
Mit der antragsgebundenen Begünstigung ist eine Verfügungsbeschränkung verbunden. Der Steuerpflichtige bzw. der Rechtsnachfolger im Erbweg darf das Gebäude in den 5 Jahren, die auf die Betriebsaufgabe folgen, nicht veräußern. Ab der Veranlagung 2005 sind unter anderem folgende Sachverhaltskonstellationen nicht begünstigungsschädlich: Der Steuerpflichtige oder sein unentgeltlicher Rechtsnachfolger vermieten oder verpachten das Gebäude (EStR Rz 5710a).
Nur der Tatbestand der Veräußerung des Gebäudes ist begünstigungsschädlich. In einem solchen Fall kommt es zu einer Nachversteuerung in Form einer nachträglichen Erfassung der stillen Reserven. Die Veräußerung gilt als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO, das die Steuerfestsetzung im Wege der Abänderung des Bescheides des Aufgabejahres nach sich zieht. Bemessungsgrundlage ist die Höhe der bisher unversteuert gebliebenen stillen Reserven zum Zeitpunkt der damaligen Betriebsaufgabe, wobei nachträgliche Wertminderungen die Bemessungsgrundlage reduzieren. Nachträgliche Wertsteigerungen werden gem. § 30 EStG steuerlich erfasst (Beispiel EStR Rz 5714).
4. Bemessungsgrundlage für Abschreibung bei nachträglicher Gebäudenutzung
Es soll hier noch auf die Frage eingegangen werden, welche Bemessungsgrundlage für die Abschreibung (AfA) anzuwenden ist, wenn das Gebäude, das im Zuge der Betriebsaufgabe in das Privatvermögen übertragen wurde, nachträglich zur Vermietung genutzt wird. Für Sachverhalte ab 01.08.2008 gilt, dass der steuerliche Wertansatz um die nicht versteuerten stillen Reserven – auf maximal null – gekürzt wird. Dieser gekürzte Wert ist als Grundlage für die Berechnung der AfA heranziehen (vgl. EStR Rz 5717a). Wird das Gebäude entgegen der Verfügungsbeschränkung des § 24 Abs 6 EStG vor Ablauf der fünfjährigen Frist veräußert und kommt es dadurch zu einer Nachversteuerung der stillen Reserven (wie oben geschildert), so ist im Gegenzug die Bemessungsgrundlage, die damals für die Berechnung der AfA herangezogen wurde, zu korrigieren. Der Wertansatz des Gebäudes wird durch die Nachversteuerung der stillen Reserven erhöht, dadurch erhöht sich aber auch die AfA rückwirkend.