23.09.2024

Hauptwohnsitzbefreiung: Alles was Sie darüber wissen sollten

Hauptwohnsitzbefreiung

Hauptwohnsitzbefreiung nur für Grund und Boden bis 1.000m²

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) präzisierte seine Rechtsprechung, wonach die Hauptwohnsitzbefreiung nicht für beliebig große Grundstücke gilt. Bei zu verkaufenden Liegenschaften ist die Größe des zum Eigenheim gehörigen Grund und Bodens zu berücksichtigen.

Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien unterliegen der Einkommensteuerpflicht (ImmoESt). Eine Ausnahme davon ist die sogenannte Hauptwohnsitzbefreiung, wonach eine Veräußerung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen – inklusive dazugehörigem Grund und Boden – steuerfrei gestellt wird, wenn es sich hierbei um den Hauptwohnsitz des Verkäufers handelt. Weiter muss der Verkäufer die Wohnung bzw. Liegenschaft entweder seit der Anschaffung bis zur Veräußerung mindestens 2 Jahre durchgehend oder innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens 5 Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz bewohnt haben und den Hauptwohnsitz im Zuge der Veräußerung aufgeben. Bisher vertrat die Finanzverwaltung die Ansicht, dass der zum Eigenheim dazugehörige Grund und Boden maximal 1.000 m2 betragen dürfe.

Repräsentatives Eigenheim mit 3.600 m2 Garten

Ein Ehepaar kaufte im Dezember 2002 eine Liegenschaft und nutzte diese in weiterer Folge als Hauptwohnsitz. Auf der Liegenschaft befand sich ein repräsentatives Eigenheim, welches innerhalb eines rund 3.600 m2 umfassenden, als Bauland gewidmeten Gartens lag. Im Oktober 2013 verkaufte das Ehepaar die als Hauptwohnsitz genutzte Liegenschaft samt einer an die Liegenschaft angrenzenden Grundfläche von rund 38.900 m2. Bei der Berechnung der ImmoESt ging der Parteienvertreter der Liegenschaftsbesitzer davon aus, dass der auf die Baulichkeit sowie den gesamten Garten entfallende Teil des Kaufpreises aufgrund der Hauptwohnsitzbefreiung steuerfrei sei und führte dementsprechend die ImmoESt ab.

In einer Außenprüfung folgte das Finanzamt dieser Beurteilung nicht und hob den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 auf. In einem daraufhin erlassenen neuen Einkommensteuerbescheid wurde der Grund und Boden lediglich im Ausmaß von 1.000 m2 im Rahmen der Steuerbefreiung berücksichtigt. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 wurde sowohl vom Finanzamt als auch vom Bundesfinanzgericht (BFG) abgewiesen, woraufhin die Liegenschaftsverkäufer Revision an den VwGH erhoben.

Rechtsansicht des VwGH

Der VwGH stellte fest, die Befreiungsbestimmung der Hauptwohnsitzbefreiung sei dahingehend auszulegen, dass dem begünstigten Eigenheim der „Grund und Boden“ in jenem Ausmaß zuzuordnen sei, das „üblicherweise“ als Bauplatz erforderlich sei. Es komme daher nicht entscheidend auf die Lage und die Bebauung des konkreten Grundstücks an. Das Wort „üblicherweise“ indiziere eine typisierende Betrachtung, die sich unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung an Durchschnittswerten zu orientieren habe. Im Rahmen einer solchen Durchschnittsbetrachtung sei ein Bauplatz im Ausmaß von 1.000 m2 typischerweise nach wie vor als ausreichend anzusehen.

Hauptwohnsitzbefreiung nach drei Jahren?

Ein neues Grundstück sollte bereits vor Verkauf des alten Grundstücks erworben und mit den Bauarbeiten zeitnah begonnen werden, um unter die Hauptwohnsitzbefreiung zu fallen.

Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen unterliegen im Regelfall der Immobilienertragsteuer mit dem besonderen Steuersatz in der Höhe von 30%. Unter bestimmten Umständen, wie beispielsweise im Rahmen der Veräußerung und damit einhergehenden Aufgabe des Hauptwohnsitzes, sind diese Einkünfte jedoch von der Steuerpflicht ausgenommen. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte nun die Rechtzeitigkeit einer solchen Aufgabe des Hauptwohnsitzes zu beurteilen.

Dreieinhalbjähriges Nutzungsrecht behalten

Der Steuerpflichtige veräußerte mehrere zum Teil landwirtschaftlich genutzte Liegenschaften, wobei er auf einem der Grundstücke seit mehreren Jahrzehnten seinen Hauptwohnsitz hatte. Er gab den Hauptwohnsitz jedoch nicht unverzüglich nach der Veräußerung auf, sondern behielt sich ein dreieinhalbjähriges Nutzungsrecht. Innerhalb dieser Zeit kaufte er ein neues Grundstück, auf dem er schlussendlich ein Haus errichtete und einen neuen Hauptwohnsitz begründete. Für die Einkünfte aus der Veräußerung machte er anteilig die Hauptwohnsitzbefreiung geltend. Das Finanzamt versagte die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung, da die Aufgabe nicht rechtzeitig erfolgt sei.
Nach einer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) wurde dem Steuerpflichtigen teilweise Recht gegeben. Der Steuerpflichtige habe bereits drei Monate nach dem Verkauf der alten Liegenschaft eine neue erworben. Da die Grundstücke außerdem hinsichtlich Größe und geplanter Bebauung ungewöhnlich wären, sei eine längere Dauer zur Suche eines passenden Grundstücks für ein Eigenheim und den landwirtschaftlichen Betrieb zu gewähren. Gegen die Entscheidung des BFG wurde Amtsrevision erhoben, welcher der VwGH stattgab.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH stellt zunächst fest, dass dem Veräußerer für die Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung eine angemessene Frist bei der Aufgabe des Hauptwohnsitzes einzuräumen sei. Je nach den Umständen des Einzelfalls könne diese auch über ein Jahr betragen. Diese könne jedoch nur dann gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige sich um eine rasche Aufgabe des alten bzw. Begründung des neuen Hauptwohnsitzes bemühe und durch Umstände außerhalb seiner Einflusssphäre daran gehindert werde.
Im gegenständlichen Fall sah der VwGH diese Voraussetzungen nicht als gegeben an. Die Einräumung eines dreieinhalbjährigen Nutzungsrechts noch vor der Veräußerung lege die Absicht nahe, den Hauptwohnsitz für einen längeren Zeitraum nicht aufzugeben. Die neue Liegenschaft sei erst einige Monate nach Abschluss des Kaufvertrages erworben worden, die Bauanzeige sei erst nach Ablauf eines vollen Jahres erfolgt. Das BFG habe nicht ausreichend begründet, warum die Lage und Größe des Grundstücks besondere Umstände begründen würden und damit eine entsprechend lange Frist zu rechtfertigen wäre. Im Ergebnis sei die Hauptwohnsitzbefreiung unanwendbar und das Erkenntnis des BFG aufzuheben.

Fazit
Dem Gesetzeswortlaut ist zunächst nicht zu entnehmen, wann genau die Aufgabe des Hauptwohnsitzes erfolgen muss, um die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung nicht zu gefährden. Die Rechtsprechung des VwGH macht jedoch deutlich, dass keine absolute Frist gilt, sondern diese von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist. Zeigt sich, wie durch die Einräumung eines längerfristigen Nutzungsrechts, dass bereits im Vorhinein keine zeitnahe Aufgabe des alten Hauptwohnsitzes geplant war, wird die Befreiung zu versagen sein.
In der Praxis wird es empfehlenswert sein, das neue Grundstück bei entsprechenden finanziellen Möglichkeiten bereits vor Verkauf des alten Grundstücks zu erwerben und mit den Bauarbeiten zeitnah zu beginnen, um unter die Hauptwohnsitzbefreiung zu fallen.

Wenn Sie noch mehr über die Hauptwohnsitzbefreiung erfahren möchten bzw. andere Immobilienrechtsfragen haben, melden Sie sich gerne bei uns: GCT-Kontaktformular